Mit den Alpen haben die Apuanischen Alpen nichts zu tun. Namensgebend war wohl unter anderem die formschöne Ähnlichkeit. Das Erscheinungsbild der Apuanen ist geprägt von steilen Flanken und tief eingeschnittenen Tälern. Sanfte Hügel, die sonst in weiten Teilen der Toskana zu finden sind, sieht man hier weniger. Wandern lässt es sich in den Apuanischen Alpen ganz hervorragend, insbesondere wenn man an alpinen Routen interessiert ist.
Drei Wanderungen, die wir während unseres Urlaubs gemacht haben, sind im Folgenden etwas näher beschrieben. Und da ein Bild bekanntlich mehr sagt als tausend Worte, gibt es reichlich visuelle Eindrücke anhand vieler Fotos.
Von Casoli zur Grotta All’Onda
Casoli ist ein kleines, romantisch gelegenes Bergdorf an der Südwestflanke des Gebirges. Hier startet die Wanderung am Ortsrand und verläuft zunächst etwas unschön entlang einer asphaltierten Straße. Nach einem knappen Kilometer erreichen wir dann aber einen schönen Wanderpfad und der steilste Anstieg ist nun auch bereits geschafft. Die nächsten zwei bis drei Kilometer folgen wir einem mit Betonplatten bedeckten Wassergraben durch den Wald. Dem Äquadukt folgend richtet sich unser Blick immer wieder zu den steilen Bergen und zum Meer. Bevor der kurze Schlussanstieg zur Höhle erfolgt passieren wir noch ein Steinbecken, das mit kühlem Quellwasser gespeist wird.
Nach weiteren 500 Metern erreichen wir schließlich unseren Rastplatz, die Grotta all’Onda. Viele kleine Wasserfälle ergießen sich aus der Unterseite des überhängenden Felsens und bieten uns eine willkommene Abkühlung. Die Grotta all’Onda, die beachtliche Ausmaße hat (geschätzt 50m breit, 30m tief) beherbergt einen Geocache, den wir allerdings nicht finden konnten. Nach einer kleinen Rast folgen wir dem Wanderweg zurück Richtung Casoli.
Uneben und recht steil geht es abwärts, bis wir einen sprudelnden Gebirgsbach queren. An einigen Stellen ist der Bach so tief, dass man darin baden kann. Die Hartgesottenen unter uns nutzten auch sogleich diese Gelegenheit. Kurze Zeit später erreichen wir wieder die Straße, auf der wir zurück zum Ausgangspunkt gehen.
Diese, mit etwas mehr als 8 km, recht kurze Wanderung eignet sich sehr gut als Halbtagestour oder als Einstieg zur Akklimatisierung.
Gipfeltour auf die Pania della Croce
Als wir in die Toskana reisten hatten wir eine ziemlich Liste mit Wanderungen ausgearbeitet. Es war klar, dass wir wegen der begrenzten Zeit längst nicht alle davon machen konnten. Doch eine Tour war unsere Königsetappe und damit Pflichtprogramm – die Besteigung der 1858m hohen Pania della Croce. Knapp 1900 Meter erscheinen isoliert betrachtet nicht besonders hoch. Bedenkt man jedoch, dass die Apuanischen Alpen quasi auf Meereshöhe starten, kann man den alpinen Charakter dieses Gebirges erahnen.
Bei der berühmten Marmorstadt Carrara gibt es Berge, die noch etwas höher sind. Die Pania della Croce ist nur der vierthöchste Berg der Apuanen. Doch ihre Positionierung, sowie ihre elegante und majestätische Form brachten ihr den Beinamen „Königin der Apuanischen Alpen“ ein. Unser Respekt vor dem Aufstieg war zweifelsfrei vorhanden, hatte ich doch von einigen ausgesetzten Stellen, die Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordern, gelesen. Da die Pania recht freistehend ist, soll der 360° Rundumblick auf dem Gipfel genial sein. Wir mussten da einfach rauf!
Ausgangspunkt ist die kleine Wegkapelle in Piglionico in der Garfagnana. Das erste Teilstück führt durch einen dichten, mit Karstfelsen durchzogenen Buchenwald. In märchenhaft scheinender Umgebung geht es stetig bergauf, doch zunächst nicht sonderlich steil. Ab und zu lichtet sich der Wald und gibt tolle Blicke auf die umliegende Bergwelt frei. Bereits von hier erkennt man den Omo Morto (toter Mensch), eine Anhöhe, die wie ein liegendes Gesicht aussieht.
Bevor wir unmittelbar an der Grotta del Pastore vorbei kommen, müssen wir die erste Schlüsselstelle passieren. An einer Felswand führt ein schmaler Pfad direkt an einem Abhang entlang. Nach wenigen Metern ist diese Passage jedoch geschafft und es folgt ein letztes kurzes Stück durch den Buchenwald.
An der Baumgrenze geht der Wald in eine steile Bergwiese über. Im Zick-Zack steigen wir auf und nähern uns dem Zwischenziel, der bewirtschafteten Berghütte Refugio Rossi. Am Refugio legen wir eine kurze Rast ein. Wir haben zwar schon die Hälfte der zu absolvierenden Höhenmeter geschafft, aber das schwierigste Stück liegt noch vor uns. Wir müssen noch durch das Vallone del’Inferno (deutsch: Höllental) und über einen Grat zum Gipfel.
Nach etwa 10 Minuten kommen wir an eine Abzweigung. Wir wählen den nach Westen abzweigenden Weg, der zum Vallone del’Inferno führt. Das Höllental ist eine riesige Geröllhalde und besteht aus Millionen von Felsen und Steinen. Knapp 200 Höhenmeter sind hier zurückzulegen. Der Weg ist mit weiß-roten Markierungen sehr gut gekennzeichnet. Er ist steil aber gut zu bewältigen. Teilweise jedoch derart verblockt, dass wir beide Hände zu Hilfe nehmen müssen, um über die Felsen zu klettern. Die Aussicht im Vallone del’Inferno ist bereits so klasse, dass wir uns viele Fotopausen gönnen. Nach knapp 60 Minuten liegt das Tal hinter uns und nach weiteren 10 Minuten über den Grat erreichen wir das Gipfelkreuz der Pania della Croce.
Der Rundumblick dort oben ist tatsächlich phänomenal! Nach Süden auf die sanften Hügel der Toskana, nach Westen auf das Ligurische und Tyrennische Meer, nach Osten auf die Garfagnana und den Apennin, sowie nach Norden auf die Marmorsteinbrüche von Carrara. Bei guten Sichtverhältnissen soll man vom Gipfel der Pania sogar Korsika sehen können. An diesem Nachmittag war es aber leider etwas diesig. Beim Abstieg kehrten wir dann nochmal ins Refugio Rossi ein, denn ein kühles Bier war jetzt sowas von verdient!
Die Besteigung der Pania della Croce ist wahrlich ein Wanderhighlight in den Apuanischen Alpen. Für geübte Wanderer ist Tour sehr gut machbar, jedoch sollte man sie nicht unterschätzen. Der Aufstieg zur Pania ist anspruchsvolles Bergwandern. Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und das richtige Schuhwerk sind absolute Voraussetzungen! Der Grat vor dem Gipfel ist recht breit und sehr gut begehbar. Wer aber empfindlich ist, kann durchaus Probleme bekommen, wenn sich links und rechts ein steiler Abhang befindet. Die Eindrücke der einzigartigen Landschaft, die Ausblicke und nicht zuletzt ein Geocache auf dem Gipfel sind allerdings verlockend und machen die körperlichen Anstrengungen mehr als wett.
Rundwandertour zur Foce di Mosceta
Mit dem Auto passieren wir Serravezza und erreichen über teils sehr steile Serpentinen den Passo de Croce, den Ausgangspunkt dieser schönen Rundwanderung in der Versilia. Wir folgen dem breiten Weg erst auf Asphalt dann auf grobem Schotter. Stetig bergauf erreichen wir bald eine Abzweigung und entscheiden uns für den linken Weg (Wanderweg 11). Dieser führt kurvenreich abwärts und bald verlassen wir ihn wieder und zweigen auf einen Pfad ab, der vorwiegend von Mountainbikern genutzt wird. Durch angenehm kühlen Wald treffen wir unterwegs auf allerlei Interessantes, wie freilaufende Maultiere, verfallene Hütten und den Resten ehemaliger Transportseilbahnen. Wenig später kommen wir am einladend aussehenden Rifugio il Paleo vorbei. Da wir unterwegs lieber picknicken wollen, gehen wir aber ohne dort einzukehren weiter.
Wir kommen zu einer großen Lichtung und entdecken dort vor einer einsamen Berghütte einen Gitarrenspieler. Wir lauschen kurz seinen Klängen und treffen dann auf den Wanderweg 129, der uns zur Höhle Tana del Uomo Selvatico führt. In die steil abfallende Höhle gelangt man über große Felsbrocken. Unten in der Höhle plätschert verlockend Wasser und diesmal finden wir sogar einen Geocache. Eine große umgestürzte Buche bietet uns eine schöne Sitzgelegenheit für unser Picknick.
Weiter geht es zum Hochtal Foce di Mosceta, wo es zahlreiche Himbeerstauden gibt und sich uns ein Blick auf die Pania della Croce bietet. Hinter dem Refugio del Freo, in das wir auch nicht einkehren, folgt der längste und steilste Anstieg der Tour. In dem lichten Gelände kommen wir ordentlich ins Schwitzen. Nachdem wir den höchsten Punkt der Route passiert haben, kommen wir an einer weiteren verfallenen Steinhütte vorbei. Nun geht es weiter stetig abwärts zurück in Richtung Parkplatz.
Klare Empfehlung
Wenn ich die Tracks unserer Touren auf der Karte eintrage, wird schnell klar, dass wir bisher nur einen sehr kleinen Teil der Apuanischen Alpen erwandert haben. Zwei Wochen sind einfach zu wenig, um selbst ein Gebirge mit überschaubarer Größe komplett kennen zu lernen. Außerdem hat die Toskana so viel Abwechselung zu bieten, dass wir längst nicht jeden Tag die Bergstiefel geschnürt haben. Trotzdem kann ich die Region als Wandergebiet absolut empfehlen. Auch in der Hochsaison begegnet man im Gebirge nur vereinzelt anderen Wanderern, so dass man in Ruhe die Natur genießen kann. Es gibt bewirtschaftete Berghütten, sowie ein gut erschlossenes Wegenetz, das viele unterschiedliche Wanderrouten ermöglicht.
Neben der eindrucksvollen Berglandschaft ist jedoch auch der Raubbau an der Natur nicht zu übersehen. Die vielen Marmorsteinbrüche sind samt ihrer Geschichte zwar imposant, fressen sich aber mehr und mehr in die Berge hinein. Marmorvorkommen gibt es zwar nicht in der gesamten Region, aber es gilt der Aufruf: “Bewandert die Apuanen, solange es sie noch gibt!”
Alle drei Wanderungen sind mit detaillierter Streckenführung auch bei Outdooractive.com einsehbar:
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