Unwissentlich auf populären Routen

Wer Island liebt und dazu noch gerne wandert, beschäftigt sich irgendwann folgerichtig mit dem Laugavegur. Der Laugavegur (gesprochen: Leugawegur) ist die wohl bekannteste und beliebteste Fernwanderroute in Island. Sie führt in mehreren Tagesetappen durch das südliche Hochland und gilt als eine der schönsten Trekkingrouten weltweit.

Laugavegur

Den Laugavegur zu bewandern muss man allerdings wollen. Da das isländische Hochland nur im Sommer zugänglich ist, ist eine Trekkingtour nur von Mitte Juni bis Mitte September möglich. Selbst zu dieser Jahreszeit muss man im Hochland mit Extremwetterverhältnissen rechnen. Es kann sogar zu Schneestürme kommen, die gar nicht mal selten sind. Der höchste Punkt des Laugavegur liegt auf etwa 1100 Meter ü.NN. Aufgrund der nördlichen Lage Islands sind hier Bedingungen zu erwarten, wie man sie in den Alpen oberhalb von 3000 Metern findet. Nachtfrost im Sommer ist nicht ungewöhnlich. Man kann Glück haben und tagsüber Spitzenwerte von 15 bis 20 °C bekommen. Im Durchschnitt liegen die Tagestemperaturen jedoch eher bei 8 °C. Wie gesagt, das muss man mögen bzw. wollen. Ein typischer Sommerurlaub ist das eher nicht.

Um mich mit dem Laugavegur näher zu befassen, habe ich das Buch “Island: Trekking-Klassiker” aus der Outdoor-Reihe des Conrad Stein Verlags erworben. Neben dem Laugavegur sind darin vier weitere beliebte Trekkingrouten beschrieben, von denen ich vorher noch nichts gehört hatte.

Beim Lesen des Buches wurde ich dann ein wenig überrascht. Unwissend hatten wir drei der fünf Touren bereits während unserer ersten Islandreise bewandert – zumindest auf kurzen Teilstücken. Dass wir im August 2020 bei unserem Besuch der Hochlandoase Landmannalauga den Laugavegur kurz beschnuppert hatten, war mir klar. Doch auch auf dem Fimmvörðuhals und dem Jökulsárgljufur waren wir schon ein paar Kilometer unterwegs, ohne dass uns das bewusst war.

Fimmvörðuhals

Der Fimmvörðuhals startet an der Südküste beim Wasserfall Skogafoss. In zwei Etappen führt der Weg zunächst auf die namensgebende Hochebene, die zwischen den Gletschern Eyjafjallajökull und Myrdalsjökull liegt. Der zweite Abschnitt führt dann hinunter nach Þórsmörk. Als wir damals den Skogafoss besuchten, wanderten wir die erste Etappe etwa drei Kilometer flussaufwärts.

Durch die vielen kleineren Wasserfälle erscheint die Skoga auf diesem Teilstück silberig. Das satte Grün der moosbewachsenen Felslandschaft bildet dazu einen sehr schönen Kontrast. Viele Wanderer kombinieren den Fimmvörðuhals mit dem Laugagur, da beide Routen in Þórsmörk aufeinander treffen.

Jökulsárgljufur

Der Jökulsárgljufur verläuft über 31 Kilometer (zwei Etappen) im Norden Islands. Er startet bei in der hufeisenförmigen Asbyrgi-Schlucht (sehenswert) und endet am mächtigsten Wasserfall Europas – dem Dettifoss. Ein kurzes Stück des Jökulsárgljufur sind wir gegangen, als wir vom Dettifoss zu dem weniger bekannten, aber ebenso sehr lohnenswerten Wasserfall Hafragilsfoss gewandert sind. Der gerade einmal drei Kilometer lange Abschnitt ist landschaftlich sehr abwechslungsreich und spektakulär.

Allerdings ist das Gelände nicht ganz einfach. Etwa auf der Hälfte der Wegstrecke muss eine hohe und sehr steile Felswand überwunden werden. Technisch schwierig ist die Kletterei dort nicht, und als Hilfe ist ein Handseil vorhanden. Ein Sturz hätte jedoch fatale Folgen. Kurz nach der Felswand führt der Weg direkt am Ufer der reißenden Jökulsá entlang.  

In Island haben wir noch so einiges auf der To-Do-Liste. Den Laugavegur einmal komplett abzuwandern ist einer der offenen Punkte.

 

 

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