Da das Jahr 2017 seit ein paar Tagen der Vergangenheit angehört, ist jetzt ein guter Zeitpunkt für eine rückblickende Statistik. Die Motivation diese zu erstellen, lag für mich darin, dass ich meine subjektiven Eindrücke was das Erscheinen neuer Caches in meiner Homezone angeht, einmal mit konkreten Zahlen abgleichen wollte – und das bundesweit.
Meine subjektiven Eindrücke sind schnell zusammengefasst. Als erstes kommt es mir vor, als würden kaum noch Multicaches veröffentlicht und wenn, dann gehören sie zu einer Adventskalenderserie oder man benötigt dafür eine Stipprute. Tradis ploppen nach wie vor auf, wobei das vor ein paar Jahren ebenfalls gefühlt noch mehr waren.
Die Anzahl von Events hingegen nimmt mittlerweile fast inflationäre Züge an. Auch außerhalb der Adventskalenderzeit ist die Karte zeitweise voll mit dunkelroten Icons. Die Eventowner scheinen auch neben der Vergabe von virtuellen Abziehbildchen, genügend sinnlose kreative Anlässe für Geocachertreffen zu finden.
Um meine Eindrücke mit der Realität zu vergleichen, habe ich für die drei o.g. Cachetypen (Tradis, Multis und Events) einmal die Publishzahlen der letzten vier Jahre zusammengetragen und grafisch dargestellt.
Das Ergebnis finde ich äußerst interessant. Die bundesweiten Zahlen decken sich bis auf ganz wenige Ausreißer mit meiner subjektiven Wahrnehmung auf meinem kleinen Inselchen*. Was Anfang letzten Jahres bereits mehrfach berichtet wurde, führt sich im Jahr 2017 fort. Die Publishzahlen der konventionellen Geocaches sind eindeutig rückläufig. In jedem Bundesland liegt deren Anzahl aus 2017 deutlich unterhalb derer aus 2014. Im Jahr 2017 wurden in jedem Bundesland mehr Events veranstaltet, als Multis ausgelegt! 2014 war dieses Verhältnis größtenteils noch umgekehrt. Noch anschaulicher wird die Entwicklung, wenn man die Zahlen relativ darstellt. Setzt man die Veröffentlichungen aus 2014 zu 100%, ergibt sich folgendes Bild.
Der Rückgang der Multis ist teilweise erdrutschartig. In Brandenburg sind Neuveröffentlichung bis auf ca. 40% zurückgegangen. In einigen weiteren Ländern beträgt die Quote auch nur noch etwa 50%. Der Rückgang der Traditionellen ist nicht ganz so extrem, aber auch deutlich. In Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beträgt die Publishquote 2017 nur noch gut 50% verglichen mit 2014.
Mein Gefühl was die Events betrifft, bestätigt sich ebenfalls. In Berlin hat sich die Anzahl der in den letzten vier Jahren durchgeführten Treffen nahezu verdoppelt. Auch in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen ist deren Quote sehr steil nach oben gegangen. Mit Bremen als einziger Ausnahme hat sich die Zahl der Events in jedem Bundesland deutlich erhöht und der Trend ist nahezu überall stetig ansteigend.
Soweit zu den Fakten, im Folgenden möchte ich versuchen, diese Entwicklung zu interpretieren. Warum sind die Verläufe so wie sie sind?
Im Juni letzten Jahres hat JR849 Zahlen veröffentlicht, die zeigen, dass die Anzahl der Geocachingaccounts in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat. Eine geringere Zahl aktiver Geocacher wird die rückläufigen Publishzahlen somit nicht erklären können.
Ich denke einen der Gründe kann man aus dem folgenden Bild ableiten. Die Frage, die sich dem Betrachter sofort aufdrängt ist: “Gibt es dazwischen überhaupt noch Platz?”.
Eines ist klar, die “1a-Locations” sind entweder schon bedost oder man benötigt eine offizielle Genehmigung (z. B. für Lost Places), die in der Regel nicht erteilt wird. Würden sich alle Cacheleger an die Morsix-Regeln halten (u.a.: keine interessante Location = kein Geocache), wäre die Entwicklung noch drastischer und vollkommen natürlich. Wir hätten weniger Caches dafür aber mehr Qualität.
Der Punkt der fehlenden bzw. besetzten Locations ist meines Erachtens ein Grund für den Rückgang. Jedoch glaube ich nicht, dass es der einzige ist. Im rechts abgebildeten Diagramm habe ich die Cachedichte in den einzelnen Bundesländern dargestellt. Wie zu erwarten war, führen die drei Stadtstaaten diesen Vergleich an. Interessant wird es jedoch, wenn man sich z.B. einmal Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ansieht. Bezogen auf die Cachedichte nehmen diese Länder die beiden letzten Plätze ein, trotzdem ist der Anstieg von Events im Vergleich zu anderen Regionen überdurchschnittlich hoch. Mit Sicherheit gibt es im Nordosten der Republik noch viele freie Locations, die geeignet sind Geocacher anzulocken, aber das Durchführen von Events scheint eher im Trend zu liegen. Events locken mit einem schnellen und aufwandsarmen Punkt. Die Besucher müssen keine Versagensängste haben, der “Fund” ist quasi garantiert. Zudem ist ein entsprechendes Listing schnell zusammengeschustert erstellt und der Owner muss diesen speziellen Cachetyp nicht warten!
Ich finde diese Entwicklung bedenklich. Ich möchte Events keinesfalls generell verteufeln, ich nehme auch hin und wieder gerne einmal an einem Stammtisch oder dergleichen teil. Wenn aber Events die neuen Multicaches werden bzw. schon sind, läuft in meinen Augen etwas schief bei dem Spiel. Von Mehrstationencaches hat man als Owner doch viel mehr als von Events. Das Ausarbeiten und Verstecken macht Spaß und das Abgehen der Stationen auf regelmäßigen Wartungsrunden bringt ebenfalls Freude. Natürlich gibt es dafür keine Punkte, aber gibt es beim Geocaching irgendetwas was uninteressanter ist als Punkte?
Das Spiel ist im Wandel, es verändert sich und es wird sich weiter verändern. Aufhalten wird den Mainstream des Souvenir- und Punktesammelns niemand von uns und Groundspeak geht die Erhaltung der ursprünglichen Werte des Geocachings am Allerwertesten vorbei.
Abschließend möchte ich noch einen kleinen Vergleich anbringen. Dieser hinkt zwar ein wenig und ist (natürlich) überspitzt, aber er regt vielleicht auf amüsante Art und Weise zum Nachdenken an. Jeder von Euch hat die folgende Darstellung so oder so ähnlich schon einmal gehört oder gelesen. Mutter oder Vater unterhält sich mit dem heranwachsenden Kind:
“Wir hatten früher keine Smartphones. Es gab nur Telefone, mit denen konnte man nur telefonieren. Die hatten alle ein Kabel und gewählt wurde mit einer Drehscheibe.” “Waaas? Wie habt ihr denn damals überlebt?”
Übertragen auf das Geocaching könnte der Dialog in ein paar Jahren so aussehen:
“Früher haben sich die Cacher nicht nur einfach irgendwo getroffen. Sie sind in den Wald gegangen und haben dort nach Behältern gesucht, die dort als Schatz versteckt waren.” “Waaas? Wieso das denn? Wie haben die damals überlebt?”
Liebe Leser, wie bewertet Ihr diese Zahlen? Habt Ihr andere Erklärungen für diese Entwicklung?
* 25 km Radius um meine Heimatkoordinaten
It’s all about the numbers 😉
Ich glaube auch diese Entwicklung kann man mit der steigenden Wichtigkeit der eigenen Geocaching-Statistik erklären. Ein kleiner Dosentrail mit einem Bonus am Ende wird doch eher abgelaufen als wenn auf der gleichen Strecke ein Multi mit vielen Stationen und dem Final am Ende liegt. Und das zeigt sich auch in der Anzahl der veröffentlichen Multis.
30-Minuten-irgendwo-in-der-Pampa-Events sind leicht zu legen und auch zu loggen. Als es noch irrwitzige D- und T-Wertungen dafür gab, waren sie dazu noch gut besucht. Das mit der D-Wertung hat sich ja jetzt erledigt. Seitdem beobachte ich auch dass Events nun wieder weniger Besucher haben … es kommen eigentlich nur noch die, die sich auch Zeit für das jeweilige Event nehmen.
Aber ist diese Entwicklung nun schlecht? Ich finde nicht …
Ich sehe Events eher als die “neuen Virtuals”. Es ist kein Logbuch erforderlich und man muß zum loggen nur vor Ort gewesen sein. Es muß nichts versteckt werden.
Es ist schon schwierig genug, überhaupt noch einen Platz für einen Cache zu finden. Auf der Karte sieht man nur die sichtbaren Koordinaten. Zu vielen Caches gehören noch sehr viele unsichtbare Punkte. Dazu kommt das Problem, daß den Reviewern oft falsche Koordinaten mitgeteilt werden und eine vermeintlich freie Stelle in der Datenbank belegt ist. Während man früher einfach so drauflosverstecken konnte, kann ein Multi mit kreativen Stages, die nicht an einer beliebigen Stelle liegen sollen, wochen- oder monatelange Planung und Diskussion mit dem Reviewer erfordern.
Früher hatte man mehr Zeit zum Suchen und Verstecken von Caches. Man mußte oft mehrere Wochen auf einen neuen Cache warten. Da war man einerseits froh, daß ein Multi Beschäftigung für mehrere Stunden bot, andererseits hatte man auch Zeit zum Planen, Verstecken und Warten eines Multis. Heute “muß” man alle paar Tage raus, um die neuen Caches zu suchen und hat kaum noch Zeit für eigene Caches.
In .de gab früher im internationalen Vergleich einen extrem viel höheren Multi-Anteil. Das Absinken dieses Anteils ist auch eine Annäherung an das internationale Cachetypenverhältnis.
Zu Deiner Grafik “Cachedichte pro Bundesland” würde mich noch die Bevölkerungsdichte bzw. die Cacherdichte pro Bundesland interessieren. Vermutlich wird sie ähnlich aussehen wie die Cachedichte.
Viele “alte” Cacher, die früher viele Multis versteckt haben, hatten damals noch viel Zeit, weil sie z.B. Studenten waren. Jetzt konkurrieren Arbeit, Frau, Kind und Haus um die knappe Zeit, die zum Geocachen fehlt. Zeitmangel scheint ganz allgemein ein aktuelles Problem aller Menschen zu sein. Da ist der schnelle Drive-In-Cache oft das Einzige, was man finden kann. Und für viele neue Cacher ist der Micro am Straßenrand das Vorbild für eigene Caches, weil sie nie etwas anderes gefunden haben. Verstärkt wird das dadurch, daß alles, was etwas aufwendiger ist, hinter Paywall und Rätseln versteckt wird.
Und wer sucht noch aufwendige Multis, wenn er davon ausgehen kann, daß er irgendwo abbrechen muß, weil eine Stage fehlt. Der Wartungszustand vieler Caches ist schlecht und Owner bekommen oft nicht mit, daß etwas fehlt, weil die fehlenden Daten bei anderen Caches erfragt werden. Wer keine große Telefonliste hat, sollte sich von aufwendigen Caches fernhalten.
Neben Geocaching gibt es eine steigende Anzahl anderer GPS-basierter Spiele, die einfacher zugänglich sind und die um die User und deren Zeit konkurrieren, was auch das sinkende Interesse an Geocaching erklärt.
@radioscout
Wenn ich sehe was in meiner Homezone an neuen Caches herauskommt, geben mir >95% davon keinen Anlass diese zu suchen. Da beschäftige ich mich lieber mit eigenen Caches.
Hier werden leider auch fast nur noch Muggel-Drecksdosen versteckt, was dazu führt, daß ich Dosen, die keine 500 m von meiner Wohnung entfernt liegen, noch nicht gesucht habe und stattdessen lieber eine schöne muggelfreie Runde in Belgien mache.
Aber Statistikcacher sehen das anders: deren Heimatzone muß sauber sein und die Fundserie darf auch nie abreißen.
aloha.
speziell zu deinen genannten punkten, was meck-pomm und brandenburg angeht will ich was sagen. guck dir mal die anzahl der bevölkerung pro fläche der deutschen bundesländer an. wo leben die wenigsten menschen, in relation zur fläche? in eben Meckpomm und BB. dementsprechend gibt es hier auch wesentlich weniger cacher, als zum beispiel in berlin, hamburg oder ruhrgebiet. und ich will jetzt noch nicht mal gross mit der einkommensgeschichte anfangen. klar, wir leben in deutschland im wohlstand und keiner muss verhungern, trotzdem ist es immer noch ein unterschied, ob ich mein leben in ba-wü verbringe oder eben hier (und das geht nicht mehr nur ums vormals teure gps gerät, es geht hier um die ganzen nebensächlichen (cache)kosten, die so anfallen).
gefühlt gab es letztes jahr hier in cottbus weniger events als vorher. von den traditionellen (glühwein, dönerstag…) abgesehen, haben wir hier einen stammtisch. seit 2014 (oder15?) alle 2 monate. 2017 gab es 3 im gesamten jahr.
ansonsten deute ich deine statistik so, dass der hype ums geocachen einfach durch ist. da wo viel bevölkerung ist, gibt es auch noch mehr “altcacher”, die das hobby am leben erhalten. wo die anzahl schon immer recht mau war, reisst das nicht mehr gehyped sein natürlich grosse und irreparable lücken…
@palk
natürlich ist meine Betrachtung sehr oberflächlich, man könnte aus den erhobenen Daten sicher eine Studienarbeit erstellen. Deine Argumente sind absolut nachvollziehbar und richtig. Aber Fakt ist, dass die wesentlich weniger vorhandenen Cacher in Meckpomm und BB das 1,9- bzw. 1,8-fache an Events veranstalten als noch in 2014. Auch hier werden scheinbar mittlerweile lieber Events abgehalten als Multis ausgelegt.
Diesen Wandel in den letzten Jahren, hat wohl jeder mitbekommen, der sich mit dem Cachen etwas intensiver beschäftigt. Grundsätzlich finde ich das auch gar nicht schlimm. Es wäre für uns alle eine super Gelegenheit, in diesem Zuge etwas mehr auf Qualität statt Quantität zu achten. Viele Dosen werden jetzt schon wegen mangelnder Wartung und Desinteresse von Ownern zwangsarchiviert. Leider ist Qualität scheinbar nicht Massentauglich und bis in die Tiefen der Ownerschaft wohl auch kaum durchzusetzen. Das ist aber wirklich sehr schade. Wohl die meisten Geocacher mögen schöne alte Old School Multis und haben großen Spaß daran, mit einer kleinen Gruppe von Leuten und einem schönen Ziel vor Augen, kleine leicht zu lösende Aufgaben zu bewältigen und hierbei einen tollen Nachmittag im Wald zu verbringen. Die Statistikjäger werden erfahrungsgemäß mit der Zeit ruhiger und legen dann mehr Wert auf Qualität. Wir sollten also darauf achten und dafür werben so oft wir können. Multis machen natürlich mehr Arbeit und Mühe. Außerdem sie sind anfälliger, was die Wartung betrifft. Vielleicht sollten sich mehrere Owner zusammentun um gemeinschaftlich neue Multis aus mehr als zwei Stationen ins Leben zu rufen. Die können sich auch vorher bei Quality Builder Events treffen und ihre Vorhaben in Workshops absprechen. Das wäre wohl ein nützlicher Ansatz, mehr Qualität salonfähig zu machen.
Wenn es so weiter geht wie bisher, befürchte ich einen drastischen Rückgang der aktiven Geocacher in den nächsten Jahren. Spätestens dann, wenn die Statistiker keine Lust mehr auf pure Zahlen und Drecksdosen für zwischendurch haben und die Qualität auf der Strecke geblieben ist. Die wenigen wirklich mega tollen Ausnahmedosen gibt es jetzt schon nur noch mit Termin und monatelangen Wartezeiten. Lasst uns also alle mehr auf Qualität achten und andere dazu anstiften, damit wir auch in Zukunft Spaß am Hobby haben können.
Multis spielten hier oben eigentlich noch nie eine große Rolle. Von meiner persönlichen, nicht-repräsentativen Statistik ausgehend, vielleicht 10% am Bestand. Und da ich viele Caches links liegenlasse, dürften es noch einmal weit weniger sein. Die Statistik kann ich subjektiv für Schleswig-Holstein bestätigen: Je weiter ich in meiner Statistik zurückgehe, desto mehr Multis wurden im jeweiligen Jahr gelegt.
Das Absinken der Publishzahlen absolut wurde ja schon letztes Jahr thematisiert und hat sich wohl auch in 2017 fortgesetzt. Events sind – bis auf wenige Ausnahmen – eh nicht so meins, deswegen blättere ich da auch gleich weiter, gefühlt ist aber kein Anlass zu nichtig(wie bei Tradis), um ein Event rauszuhauen, insofern deckt sich die präsetierte Statistik mit dem Erlebten.
“Keine Locations” lasse ich nur bedingt gelten: Für einen Statistikpet findet sich immer ein Plätzchen, aber selbst die lassen ja nach. Auch die Mysterytretminen sind ja nicht allgegenwärtig. Gute Locations lassen sich – Hamburg/Berlin vielleicht mal außen vor gelassen – immer finden, es ist schwierig, aber machbar – und das war es auch immer. Und Teil der Ownerschaft ist und war es schon immer, gerade bei Multis.