Es gibt nicht wenige Menschen, die träumen ihr ganzes Leben davon einmal die Polarlichter zu sehen. Manche Urlauber waren auch nach mehreren Reisen in die Polarregion erfolglos und haben die Aurora Borealis – wie das Polarlicht wissenschaftlich bezeichnet wird – noch nie mit eigenen Augen gesehen.
Polarlichter entstehen durch den Sonnenwind, dessen elektrisch geladene Teilchen in der äußeren Erdatmosphäre Sauerstoff- und Stickstoffatome ionisiert. Bei diesem physikalischen Prozess wird elektromagnetische Strahlung abgegeben, die als Licht wahrgenommen wird. An den Polen, wo die Feldlinien der Erde die Atmosphäre durchdringen, treten diese Lichterscheinungen gehäuft auf.
Es muss also zum einen ein ordentlicher Wind auf der Sonne herrschen. Zum anderen, entsprechend später, wenn die Teilchen des Sonnenwinds die Erde erreichen, dürfen keine Wolken die Sicht behindern. Passen diese Voraussetzungen zusammen, besteht eine gute Chance, dass Polarlichter entstehen und dass man sie bei Dunkelheit sehen kann. Je dunkler es ist, desto besser.
Phänomenales Erlebnis
Meine Erfahrungen mit der launischen Aurora waren bisher wenig erfolgreich. Unser diesjähriger Trip über den Jahreswechsel 2021/22 war nicht meine erste Winterreise an den Polarkreis. Ich war vorher schon einige Male in Schweden und Finnland. Polarlichter sah ich bisher noch nie. Im finnischen Lappland war damals sogar ideales Wetter, es waren keine Wolken am Himmel, welche die Sicht verdeckt hätten. Polarlichter waren trotzdem nicht zu sehen.
Doch in Island hatten wir diesmal Glück. Es war am Abend des 2. Januar 2022. Nach einem anstrengenden Tag auf der Halbinsel Reykjanes lagen wir gerade im Hotpot auf der Terrasse unseres Ferienhauses, hörten Musik und genossen Kaltgetränke im warmen Wasser. Irgendwann stieg einer unserer Söhne aus dem Pool und entdeckte als erster dieses grandiose Naturschauspiel. Tatsächlich, auf einmal und ganz unverhofft tanzten grüne Polarlichter am wolkenlosen Abendhimmel.
Nachdem wir alle trocken und in warme Klamotten gehüllt waren, verfolgten wir euphorisiert die Darbietung der Aurora Borealis auf unserer Terrasse. Dass es mittlerweile bitterkalt war und die nassen Badesachen auf dem Holzboden festfroren, nahmen wir gar nicht wahr. Wir hatten nur Augen für die magischen grünen Schleier, die den dunklen Himmel erleuchteten.
Am darauffolgenden Abend trat ich nach dem Abendessen an die Terrassentür. Da waren sie schon wieder! Nicht ganz so intensiv wie am Vorabend, aber deutlich erkennbar. Auf den oberen Fotos erkennt man sehr gut die Lichtverschmutzung, welche die Beleuchtung der Ortschaften* im Hintergrund verursacht hat. Deswegen stieg ich diesmal ins Auto und fuhr ein paar Kilometer nordwärts in eine weniger beleuchtete Umgebung. Ich legte zwei Stopps zur Beobachtung ein. Den ersten an einer Minisiedlung bestehend aus drei Häuschen, den zweiten an einer Brücke des Flusses Hvita. Dabei entstanden diese Fotos.
Lohnen sich Polarlichtertouren mit einem Guide?
Man kann bei lokalen Ausflugsanbietern natürlich auch Polarlichtertouren buchen. Ob sich das lohnt, kann ich nicht beurteilen. Bestimmt kennen die Guides Locations, die unter dem Polarlicht schöne Fotomotive bieten, aber Glück braucht man trotzdem. Einfach so einschalten können die Anbieter solcher Events die Aurora ja auch nicht. Außerdem hat das Ganze natürlich seinen Preis und man ist im Bus mit zig anderen Touristen unterwegs. Daher entschieden wir uns gegen eine solche Tour.
Wie verlässlich sind Apps zur Vorhersage?
Es gibt tatsächlich Apps, die vorhersagen mit welcher Wahrscheinlichkeit Polarlichter zu einer bestimmten Zeit auftreten. Wettervorhersagen für Island sind ja schon nicht so wirklich verlässlich. Was die “Aurora forecast” angeht, würde ich sagen, dass sich die Qualität der Vorhersage irgendwo zwischen Würfel und Glaskugel einpendelt. Ich hatte immer mal wieder auf der Seite des isländischen Wetterdienstes geschaut. Die Wahrscheinlichkeit wird dort mit einem Wert zwischen 0 und 9 angegeben (steigende Wahrscheinlichkeit). Wir hatten während unseres Aufenthaltes maximal einen Wert von 3, aber an zwei Abenden hintereinander feinste Nordlichtaktivität.
Wir haben uns sehr gefreut, dass wir dieses polare Phänomen live, mit eigenen Augen und von unserem Feriendomizil aus sehen und erleben durften. Irgendwie musste es ja so kommen. In Schweden und Finnland hat es nicht geklappt, Island hat geliefert.
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*bei den Ortschaften handelt es sich um die Dörfer Reykolt und Fludir, die in einem Geothermalgebiet liegen. Hier wird die Wärme aus dem Erdinneren zum Beheizen von großen Gewächshäusern genutzt, die Tag und Nacht stark beleuchtet werden. In Fludir werden beispielsweise Champignons gezüchtet, mit denen nahezu das gesamte Land versorgt wird.
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